Die immens gestiegenen Preise im Strom-Terminhandel verändern die Anforderungen an Händler und Portfoliomanager. Das Handelsvolumen nimmt ab, Spreads vergrößern sich, Risikoaufschläge steigen und auch die Bepreisung von Non-Standard-Produkten wird zusehends schwieriger.
Die Preissteigerungen der letzten Monate führen zu einer Reihe nachgelagerter Effekte, die den Strommarkt zusätzlich verändern. Diese Veränderungen sind strukturell und grundsätzlich und umfassen vor allem auch Sorgen über die zukünftige Energieversorgung und die notwendige Erschließung neuer Lieferketten und trüben den Ausblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Eine kleine, aber ebenfalls wichtige Fragestellung ist die gesunkene Liquidität im Handel von Strom-Terminkontrakten und damit auch die reduzierten Möglichkeiten zur Preisabsicherung zukünftiger Lieferzeiträume. Dieses wichtige Instrument – für Erzeuger zur Investitionssicherung und für Verbraucher sowie Weiterverteiler zur Kostenkontrolle – geht teilweise verloren.
Die in der Vergangenheit zu deutlich niedrigeren Preisen vereinbarten Terminmarkt-Transaktionen bringen einige Energieversorger in Bedrängnis, denn derzeit notieren die Kontrakte bis zu fünfmal höher als bei deren Abschluss im letzten Jahr. Hat ein Erzeuger ein Cal-23 Base letztes Jahr bei 40 Euro/MWh verkauft, so ist dieses Produkt heute etwa 200 Euro/MWh wert. Der Handelspartner des Erzeugers verlangt somit die Preisdifferenz als Sicherheit. Denn wenn der Erzeuger ausfällt, wird die Ersatzbeschaffung im Markt fünfmal so teuer. Die Sicherheiten werden im Rahmen von Handelsrahmenverträge wie von EFET durch Margenzahlungen, Bankgarantien oder anderweitige Sicherheiten gefordert. Das ist der Grund, warum bereits Player Kreditoptionen in Milliardenhöhe von der staatlichen KfW-Bank erhalten haben. Diese Situation wird sich erst dann ändern, wenn die physischen Lieferungen dieser Handelsgeschäfte abgewickelt sind oder das Preisniveau wieder deutlich fällt. Dass die Produkte jedoch kurzfristig auf das alte Niveau zurückfallen, ist im aktuellen Umfeld unwahrscheinlich. Bis dahin ist das Kapital in den Sicherheitsleistungen gebunden.
Eine weitere Folge dieser Entwicklung, die jeden Teilnehmer im Großhandelsmarkt trifft, ist die abnehmende Liquidität im Markt: Auf den Handelsplattformen gibt es mehr Gebote, die nicht gehandelt werden können, und die Gebotsmengen sind deutlich kleiner. Das erinnert etwas an die Anfänge des Strommarktes, als es nur eine sehr begrenzte Anzahl Teilnehmer im Handel gab.
Ist es bei den seit Monaten stark schwankenden Preisen und der sinkenden Liquidität schon eine außerordentliche Herausforderung, sich am Terminmarkt für Standardprodukte wie Base und Peak zurechtzufinden und günstige Zeitpunkte zum Einkauf oder Verkauf zu wählen, so ist der Handel mit Non-Standard-Produkten noch herausfordernder. Auch wenn die zu beschaffende Struktur schnell ermittelt ist, wird es bei der Bepreisung komplex. Hierfür ist zwingend eine Forward Curve notwendig, bei stündlichen Strukturen eine Hourly Forward Curve. Diese brauchen sowohl der Marktteilnehmer, der ein Non-Standard-Produkt anfragt, als auch der Anbieter der Struktur: Ersterer, um annähernd den sogenannten „fairen Preis“ zu ermitteln, Letzterer um einen Preis zu kalkulieren.
Der Kern beim Handel mit Non-Standard-Produkten ist eine belastbare Hourly Forward Curve. Die Herausforderung: Die Erstellung und Adjustierung der Curve ist ein fortwährender Prozess. Sie wird nie perfekt sein, denn das Ziel ist es, sich der zukünftigen Preisentwicklung möglichst gut und stundenscharf anzunähern. Daher muss sie gepflegt und den Marktgegebenheiten angepasst werden. Genau das war in den letzten Monaten äußerst komplex: immer wieder eine Curve für den Rest des Jahres und die Folgejahre zu berechnen – mit all den Einflüssen und nie dagewesenen Umwälzungen im Energiemarkt. Insbesondere die Frage, wieviel Vergangenheit und wieviel Erfahrung noch in eine Hourly Forward Curve einfließen dürfen, wenn doch die zukünftige Energielandschaft komplett anders aussehen wird, stellt derzeit alle Akteure auf die Probe.
Als Folge der sinkenden Liquidität am Terminmarkt und der zunehmenden Unsicherheit gibt es derzeit eine starke Tendenz, Handelsvolumen aus dem OTC-Markt an die Strombörsen zu verlagern. Zwar besteht auch hier eine Verpflichtung für Sicherheiten und Margenzahlungen, aber bei einem Ausfall von Handelsgesellschaften tritt die Clearingbank ein. Somit bietet die Börse mehr Sicherheit für Handelspartner, erhöht aber auch die Handelskosten durch Clearing-Entgelte. Anbieter von Non-Standard-Produkten haben sich in den letzten Monaten zum Teil zurückgezogen oder addieren Risikoaufschläge auf den durch die Hourly Forward Curve ermittelten Preis. Für die Käufer wird die Beschaffung dieser Produkte immer schwieriger – und vor allem teurer.
Allein diese Tendenzen zeigen deutlich, welche Auswirkungen die derzeitige Situation hat. Als wären die reinen Preissteigerungen nicht schon herausfordernd genug, verändert sich durch sie auch der Handel an sich. Handelsplätze ändern sich, Risikoaufschläge steigen, und die tägliche Arbeit im Handel wird – auch mit langjähriger Erfahrung – immer schwieriger. Es kommt also darauf an, clevere Lösungsansätze zu entwickeln und das Risiko zu reduzieren, ohne die Kosten in die Höhe zu treiben. Bei Vattenfall fühlen wir uns dafür – mit unseren internationalen Handelsteams, über alle Produkte hinweg und mit dem schwedischen Staat im Rücken – gut aufgestellt.
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