Im Interview nimmt Vattenfall-Produktmanager Thomas Breitkreuz Stellung zu Motivationsfaktoren, Herausforderungen und der Zukunft von Speicherlösungen.
In Vattenfalls europäischen Kernländern streben wir ein Wachstum im Bereich der erneuerbaren Energieerzeugung an. Dies führt allerdings zu einer erhöhten volatilen Einspeisung, welche nicht zu jeder Zeit mit dem Kundenbedarf übereinstimmt.
Das heutige System ist gut ausbalanciert, beispielsweise durch Pumpspeicherkraftwerke und Power-to-Heat Anwendungen in Deutschland, wie wir sie im bestehenden Vattenfall-Portfolio sehen. Warum also nicht einfach diese Anlagentechnologien ausbauen?
Mit einem eingeschränkten Potenzial an neuen Pumpspeicherkraftwerken, dem Ausstieg aus Kernkraft und aus fossilen Brennstoffen erwächst die Notwendigkeit zusätzlicher und neuer Ausgleichsmöglichkeiten.
Batteriespeicher sind hier ein sehr vielversprechender Ansatz, mit strukturellen Vorteilen wie Skaleneffekten aus dem Automobilsektor, der möglichen Skalierbarkeit an jede benötigte Größe und die Flexibilität der Batterie durch das sogenannte Stapeln mehrerer Anwendungsfälle oder dem Wechsel zwischen Anwendungsfällen während der Lebensdauer der Anlage.
Wir sind vom Marktpotenzial für Batteriespeicher überzeugt und haben unter dem Dach unseres Portfolios für erneuerbare Energien einen neuen Geschäftsbereich Batteriespeicher aufgesetzt.
Wir sehen in Batteriespeichern einen starken Partner für das Wachstum der erneuerbaren Energien. Neben dem bereits angeführten strukturellen Vorteil des Ausbalancierens verbessern sie bei gemeinsamer Aufstellung die Rentabilität eines Windparks und ermöglichen als Komponente von sogenannten Green Power Purchase Agreements (GPPA) eine fossil-freie Endkundenversorgung.
In unserem Geschäftsbereich Markets, in welchem ich tätig bin, bieten wir Anlagenoptimierung und Marktzugang nicht nur für Vattenfall-Anlagen, sondern auch für Anlagen Dritter. Bereits in der Anfangsphase einer Investitionsentscheidung sprechen wir in dieser Marktzugangsfunktion mit zahlreichen Entwicklern.
So attraktiv die Vermarktung in der Primärregelleistung (PRL) bisher war, perspektivisch sehen wir einen stärkeren Preisdruck im volumenmäßig begrenzten PRL-Markt nicht zuletzt aufgrund einer Reihe von neuen Batteriespeicherprojekten sowie dem Umbau des PRL-Marktes, zu täglichen (statt wöchentlichen) Produkten, welche weiteren Anlagenarten den Markteintritt ermöglichen wird.
Nun könnte man sich auf der Suche nach Alternativen dem Kurzfrist-Energiehandel zuwenden, allerdings ist dies nicht nur nach unserer Markteinschätzung für eine Investition nicht ausreichend. Ab diesem Punkt weichen die verschiedenen Perspektiven ab und hängen stark von der jeweiligen strategischen Position des Entwicklers ab. Und erst mittel-bis langfristig gesehen sind sich alle Akteure wieder einig, dass der zunehmende Bedarf an Kurzzeitspeichern sich auch in den Ertragsmöglichkeiten widerspiegeln wird.
Die Marktentwicklung von Speicherlösungen ist abhängig von den speziellen Herausforderungen des jeweiligen regionalen Energiemarktes. Trotz ihrer benachbarten Lage bieten nicht einmal unsere zwei Hauptmärke in den Niederlanden und Deutschland 1:1 übertragbare Anwendungsfälle. Grund hierfür sind die verschiedenen regulatorischen Bedingungen der jeweiligen Länder, in der schon scheinbare Details eine große Hebelwirkung ausüben können. Trotz erster Pilotprojekte sind Batteriespeicher nach wie vor keine weit verbreiteten oder bekannten Komponenten in den Stromnetzen. Denken Sie nur an die Thematik des jeweiligen Messkonzepts. Die Kombination eines Windparks mit Batteriespeichern erhöht diese bereits bestehende Komplexität dann noch weiter.
Wir sehen viele Vorteile in der Kombination von Windparks mit Energiespeichern in sogenannten Hybridkraftwerken. Diese Vorteile gelten sowohl für Neubau-Projekte als auch für die Nachrüstung bereits bestehender Windparks mit Batteriespeichern. In jedem Fall verbessert eine Speichermöglichkeit die Auslastung des Netzanschlusses und die Vermarktung des Windparks.
Darüber hinaus hilft eine gemeinsame Installation bei Neubau- Projekten, um Kosten für Infrastruktur und Konstruktion zu reduzieren.
Wir bei Vattenfall haben ein Ziel: Wir wollen unsere Kunden dabei unterstützen, ihr Leben zunehmend klimafreundlicher zu gestalten. Innerhalb einer Generation wollen wir eine Energieversorgung ohne fossile Quellen erreichen
Wir entwickeln und betreiben mehrere Batteriespeicherprojekte mit der Größe von 1 bis 28 MW in Großbritannien, den Niederlanden, Schweden und Deutschland. Die jüngste Installation ist beispielsweise einer unserer Beiträge zum Förderprogramm „Schaufenster intelligente Energie“ (SINTEG): Ein 1 MW Batteriespeicher, welcher im Rahmen der Norddeutschen EnergieWende NEW 4.0 mit einem bereits existierenden Windpark kombiniert wird.
Thomas Breitkreuz ist als Berater in die Energiewirtschaft eingestiegen und verbindet Unternehmensberatung mit innovativen Energiesystemen. Beginnend mit der Marktliberalisierung hatte er verschiedene Positionen im Vertrieb, hauptsächlich im B2B-Bereich, gefolgt von Marktstrategie und Geschäftsentwicklung im Vertriebskontext.
Seit 2015 entwickelt und verwaltet er Produkte, die den Marktzugang zu Flexibilitäten aus den Assets externer Kunden in den Vattenfall Geschäftsbereich Markets ermöglichen.