Vor gut einem Jahr, im Herbst 2021, begann der Weg der Strom-und Gaspreise in eine neue Sphäre – und im Sommer 2022 wurden nie dagewesene Preise gezahlt. Wenngleich sich in den vergangenen Wochen etwas Entspannung breit machte, ist das Preisniveau immer noch sehr hoch: Das Strom-Frontjahr handelt gut 220 EUR/MWh höher als im November 2021, das Gas-Frontjahr gut 50 EUR/MWh.
Die enormen, europaweiten Anstrengungen, das fehlende Gas aus Russland zu kompensieren, konnten in den Herbstmonaten sowohl den Strom- als auch den Gasmarkt etwas beruhigen. Hinzu kommt ein verminderter Gasverbrauch, der zum einen auf Spareffekte zurückzuführen ist, zum anderen aber auch auf unfreiwillige Abschaltungen von Verbrauchern – aus Kostengründen. Zudem halfen die milden Temperaturen, den Gasverbrauch niedrig zu halten und die Preise wieder sinken zu lassen.
In Zahlen ergibt sich folgendes Bild: Das Base 2023 hatte seinen niedrigsten Wert dieses Jahr bei 110 EUR/MWh, seinen Höchstwert im August bei 1.050 EUR/MWh und handelt aktuell bei 325 EUR/MWh. Das Frontjahr am THE Gasmarkt, THE 2023, hatte seinen niedrigsten Wert dies Jahr bei 42 EUR/MWh, seinen Höchstwert im Sommer bei 304 EUR/MWh und handelt aktuell bei 126 EUR/MWh.
Zwei Produkte wurden bisher noch nicht erwähnt und rückten aufgrund der Gaskriese etwas in den Hintergrund, obwohl es hier auch enorme Preisbewegungen gab: Der Preis für European Union Allowances (EUA) und der Kohlepreis. Auch wenn sich der EUA-Preis 2021 mehr als verdoppelt hat und 2022 seinen Höchstwert im August bei über 97 EUR/t erreichte, ist kaum eine Korrelation mit dem Strompreis zu erkennen. Aktuell handeln CO2-Zertifikate bei ca. 75 EUR/t.
Am Kohlemarkt startete das Produkt API2 Frontjahr 2022 auf einem Niveau bei rund 100 USD/t, erreichte im März 2022 nach Kriegsbeginn ein Zwischenhoch bei 285 USD/t und den Jahreshöchstwert im September bei nie zuvor gehandelten 345 USD/t. Hauptgründe für diese Rallye waren neben dem extrem bullishen Sentiment aufgrund der Rekordpreise am Strom- und Gasmarkt das seit 10. August gültige Embargo auf Kohle aus Russland und Lieferschwierigkeiten aufgrund der langen Dürreperiode. Aktuell wird das API2 Frontjahr bei ca. 191 USD/t gehandelt.
Einiges deutet zurzeit darauf hin, dass der Gasmarkt langsam wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt. Erstens ist die Unsicherheit bezüglich der Gasflüsse aus Russland verschwunden – sie fließen schlicht nicht mehr. Zweitens war die Befüllung der europäischen Gasspeicher sehr erfolgreich, wenn auch zu enorm hohen Preisen. Drittens erfolgt der Ausbau der LNG-Infrastruktur in einem atemberaubenden Tempo. Und schließlich ist der Gasbedarf sowohl in der Industrie als auch beim Endkunden derzeit niedriger als in den vergangenen Jahren.
Auch beim Strom gibt es Anzeichen dafür, dass sich der Markt weiter beruhigen könnte. Hier ist der fallende Gaspreis bestimmt der Hauptgrund, aber auch die zu erwartende Entspannung in Frankreich mit voraussichtlich wieder höheren Kraftwerkskapazitäten. Ob es 2023 zu einem neuen Strommarktdesign kommt, weg von der seit Jahrzenten üblichen Merit Order für den gesamten Kraftwerkspark hinzu einer Trennung des Kraftwerksparks bei der Preisfindung, bleibt abzuwarten. Angestrebt wird, dass nicht mehr die teuersten Gaskraftwerke das Niveau für den gesamten Strompreis bestimmen.
Ob langfristig auch die EUA-Preise weiter fallen, ist unsicher. Hier spielen neben den fundamentalen Einflüssen, wie dem rückläufigen Bedarf, insbesondere politische Faktoren eine Rolle.
Am Kohlemarkt darf man langfristig damit rechnen, dass Risiko aus den Handelsprodukten herausgenommen wird. Die fehlenden Mengen aus Russland können zum Teil aus Ländern wie Kolumbien und Südafrika kompensiert werden. Mit der nationalen Abkehr der Stromproduktion aus Kohlekraftwerken wird der Bedarf eher zurück gehen.
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