Aktuelle Marktentwicklung

Begibt man sich auf eine Analyse der europäischen und deutschen Energiemärkte, braucht man eine enorme Flughöhe. Nur so kann sich der Betrachter ein Bild davon machen, welche Ausmaße die preislichen Entwicklungen der Strom-, Gas-, CO2- und Kohlemärkte der letzten Monate erreicht haben. 

September 2022

Der Strompreis hat sich vom 1. Oktober 2021 bis zum 20. September 2022 für das Standardprodukt Base 2023 um mehr als das Fünffache verteuert: von 85 EUR/MWh auf 490 EUR/MWh. Angetrieben wurde das Produkt von den durch Versorgungsängste gepushten Gaspreisen, so handelte das Gasprodukt TTF 2023 bei bis zu 300 EUR/MWh. Im Zuge der hohen Gaspreise verteuerte sich auch der Kohlepreis, etwa für das Produkt API2 2023 auf bis zu 345 USD/t. In dieser Aufwärtsspirale legten dann ebenfalls die CO2-Preise zu – offensichtlich als Spielball spekulativer Positionsnahmen – und verteuerten sich bis auf knapp unter 100 EUR/t. 

 

Allzeithochs im August

Um im Bild der Flughöhe zu bleiben, hätten wir im August 2022 noch höher fliegen müssen: Auf 1.050 EUR/MWh bei den Strompreisen – das entspricht dem Zwölffachen des Niveaus, das noch vor einem Jahr gehandelt wurde. Der Grund für die Allzeithochs in allen Märkten im August waren vor allem Nachrichten über weiter rückläufige Gasflüsse und der Importstopp für Kohle aus Russland. Die geringe Kernkraftwerksverfügbarkeit in Frankreich sendete ebenfalls preistreibende Signale. Auch die in der breiten Öffentlichkeit geführte Diskussion zu Versorgungsengpässen bei der Strom- und Gasversorgung schien die Extrempreise zu rechtfertigen. 

 

Leicht preisdämpfende Signale

Erst Ende August und ab September 2022 mischten sich unter die preistreibenden Nachrichten gelegentlich auch preisdämpfende Schlagzeilen und die Märkte korrigierten nach unten, insbesondere die Strom- und Gasmärkte. Zu diesen Nachrichten gehörten die über dem Plan liegende Füllung der Gasspeicher, Fortschritte beim Bau von LNG-Terminals und eine lauter werdende Diskussion über eine Gas- und Strompreisdeckelung. Zudem lasten nun auch Rezessionsängste für das kommende Jahr immer schwerer auf der Bedarfsseite, so dass ein geringerer Strom- und Gasverbrauch für 2023 angenommen wird. Entsprechend heftig war die Korrektur – mit einer beispiellosen, nie dagewesenen Preisbewegung: Das Strom-Base 2023 fiel in nur drei Tagen von 1050 EUR/MWh auf 500 EUR/MWh. Diese Preisbewegungen sind kaum erklärbar, außer vielleicht durch spekulativ agierende Marktteilnehmer.

 

Aktuelle Situation und Ausblick

Seit September 2022 schwankt das Strom-Base 2023 zwischen 450-650 EUR/MWh. Durch eine sehr hohe Volatilität mit innertägigen Bewegungen von über 20 Euro und einer geringen Liquidität ist das Agieren am Markt sowohl für Stadtwerke als auch für Industriekunden derzeit sehr schwierig. Die geringere Liquidität ist dadurch zu erklären, dass Marktteilnehmer aufgrund von enorm gestiegenen Risikoparametern ihre Liste mit Handelspartnern gekürzt haben. Dadurch, dass immer weniger Handelspartner zur Verfügung stehen, kann ein Marktteilnehmer evtl. nicht mehr genau die Produkte kaufen oder verkaufen, die er für sein Portfolio benötigt. Dies wird insbesondere bei angefragten langfristigen Strukturen im Strommarkt deutlich: Hier ist die Angebotsseite derzeit dünn. Hohe Aufschläge auf diese Produkte sind die Folge.

Ein Ausblick ist daher kaum möglich. Dadurch, dass die Gaslieferungen aus Russland komplett ausgesetzt sind, kann sich diese Situation nicht weiter verschärfen. Auf der anderen Seite können weitere Nachrichten zum Ausbau der LNG-Infrastruktur, eine Verbesserung der Kernkraftwerkssituation in Frankreich und Energieeinsparungen den Energiepreis senken. Ein letzter, sehr wichtiger Einflussfaktor sei zum Schluss noch genannt: Das Wetter. Ein milder Winter wird sich ebenfalls bearish auswirken – insbesondere auf die Gaspreise. Ein entgegengesetztes Wetterszenario mit Temperaturen weit unter normal hingegen könnte den Markt noch einmal befeuern.

 

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