Die Preise an den Energiemärkten sind außerordentlich volatil. Insbesondere für das Geschehen in der ersten Oktoberwoche sucht man vergeblich nach dem passenden Superlativ: Es gab preisliche Verwerfungen, die es seit Beginn der Liberalisierung Ende der 1990er Jahre an den europäischen Energiemärkten noch nie gegeben hatte.
So wird der 6. Oktober 2021 mit einer Preisbewegung von etwa 42 EUR/MWh für den Strom-Base 2022 in bleibender Erinnerung bleiben. Auch Wochen nach diesen denkwürdigen Handelstagen ist der Markt nicht zur Ruhe gekommen. Eine innertägige Preisbewegung am Strommarkt von über 12 EUR/MWh für den Base 2022, zum Beispiel am 18. Oktober, bewirkt derzeit nur ein müdes Schulterzucken – noch vor wenigen Monaten wäre dies ein denkwürdiger Tag gewesen, an dem man sich lange zurückerinnert hätte. Im Folgenden erkunden wir die Commodities separat und beginnen mit dem Produkt, welches zurzeit die Marktteilnehmer am stärksten bewegt: Gas.
Der hohe Gaspreis kann weiterhin als einer der Haupttreiber für die derzeit bullishe Stimmung an den Energiemärkten ausgemacht werden. Die Ursache dafür ist auf der Supply-Seite zu suchen. Lag das Spot-Preisniveau am Gasmarkt vor einem Jahr noch bei ca. 14 EUR/MWh, so wurde der TTF Gas Day-ahead am besagten 6. Oktober bei 146 EUR/MWh gehandelt. Von diesem hohen Niveau hat sich das Produkt wieder verabschiedet, blieb aber in der ersten Novemberhälfte mit einer Preispanne zwischen 60 und 80 EUR/MWh weiterhin sehr volatil und auf einem – im Vergleich zum Vorjahr – hohen Level. Das geringere LNG-Angebot und eine erhöhte Gasverstromung aufgrund schwacher Windeinspeisung sind hierfür die Hauptursachen. Entspannung könnte aus Gasflüssen via Nord Stream 2 kommen, was aber für dieses Jahr aufgrund der noch ausstehenden regulatorischen Zertifizierungen unwahrscheinlich ist, obwohl die Abnahme technisch bereits erfolgt ist. Aber auch die angekündigten erhöhten Gaszuflüsse über bestehende Pipelines sind ein bearishes Signal, so denn sie umgesetzt werden.
Die Zusammenlegung der deutschen Gas-Marktgebiete Gaspool & NCG am 1. Oktober zum THE-Marktgebiet hatte insbesondere logistische Auswirkungen und bedeutet einen erhöhten Aufwand im Bilanzkreismanagement. Ein Zusammenhang bei der Gas-Preisentwicklung ist hier nicht zu finden.
Auch am Strommarkt wurde es am 6. Oktober richtig teuer: Der Preis für das Frontjahr Base stieg über 175 EUR/MWh; ein Preisniveau, was es bis dato noch nie gegeben hatte. Der zuletzt erreichte Höchstwert Anfang Juli 2008 bei 100 EUR/MWh für das Frontjahr wurde in der ersten Oktoberwoche mit einem Paukenschlag um über sagenhafte 75 Prozent übertroffen. Der feste Strom-Spotmarkt und das hohe Preisniveau für die Balance-of-the-year (BOY) 2021-Produkte hielten den Base 2022 in der ersten Novemberhälfte weiterhin auf hohem Niveau bei Preisen zwischen 100 und 120 EUR/MWh. Der Day-Ahead handelte im 4. Quartal regelmäßig zwischen 150 und 200 EUR/MWh. Die geringen Windeinspeisungen in diesem Jahr und der oben erwähnte außerordentlich hohe Gaspreis sind hier die Hauptursachen. Eine kurzfristige Entspannung wird nicht erwartet, was sich in den hohen Preisen für die Frontmonate Dezember und Januar widerspiegelt, die in den ersten Novemberwochen zwischen 140 und 180 EUR/MWh handelten.
Der API2 Kohleindex erreichte ebenfalls in der ersten Oktoberwoche sein Mehrjahreshoch bei 193 USD/t. Anfang November handelte das Frontjahr 2022 „nur“ noch bei über 100 USD/t. Die Ankündigung der chinesischen Regierung, regulatorisch in den heimischen Kohlemarkt einzugreifen, um das Preisniveau zu senken, hatte diesen enormen Preisrutsch um nahezu 100 USD/t zur Folge. Durch den weiterhin außerordentlich hohen Kohlebedarf aus dem asiatischen Raum, positive Clean Dark Spreads und niedrige Lagerbestände im ARA-Raum hat sich die 100 USD-Marke als gute Unterstützung gezeigt. Weiterer Spielraum nach unten ist nicht wahrscheinlich.
Vom letzten Höchstwert bei knapp 66 EUR/MWh haben sich European Union Allowances (EUAs) wieder entfernt und handelten Anfang November in einer Range zwischen 55 und 65 EUR/t. Die in 2021 geringe Stromproduktion aus Erneuerbaren und Ankündigungen aus der Politik, schärfere CO2-Einsparziele durchzusetzen, stützen das EUA-Niveau weiterhin. Das „Fit for 55%“ bzw. der European Green Deal werden langfristig eine Reihe bullisher Veränderungen im europäischen Zertifikatshandel ETS mit sich bringen. Auch durch den aktuell enorm starken Finanzmarkt erhalten EUAs ein positives Momentum, so dass der Handel in eine volatile Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau getreten ist. Ein Handel um die 60-Euro-Marke scheint bis Ende des Jahres wahrscheinlich.
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