Der Regelenergiemarkt – und damit auch der Ausgleichsenergiepreis – sehen sich zahlreichen, zum Teil überraschenden Änderungen ausgesetzt: Seit letztem Jahr gab es bereits drei Modifikationen, eine weitere ist kurzfristig geplant und eine große Anpassung wird spätestens im Sommer nächsten Jahres umgesetzt.
Das betrifft auch die Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien: Jede Änderung hat unmittelbare Auswirkungen auf den Ausgleichsenergiepreis und damit auf die Vermarktungskosten in der Direktvermarktung.
Bis in das letzte Jahr hinein wurde Regelenergie nach dem Leistungspreisverfahren ausgeschrieben. Dabei wurde der Zuschlag ausschließlich auf Grundlage des Leistungspreises erteilt, der für das reine Verfügbarhalten von Regelenergie gezahlt wird. Der Arbeitspreis, der für tatsächlich abgerufene Regelarbeit anfällt, wurde nicht berücksichtigt.
Aufgrund des fehlenden Wettbewerbs für Regelarbeit drangen hohe Arbeitspreise regelmäßig tief in die Abruf-Merit-Order der Minuten- und Sekundärregelleistung ein und führten zu extremen Preisspitzen für Ausgleichsenergie. Am 17. Oktober 2017 mussten bis zu 23.000 Euro/MWh gezahlt werden! Um diese hohen Arbeitspreise und die daraus resultierenden extremen Ausgleichsenergiepreise zu verhindern, wurde zunächst eine technische Preisgrenze für den Arbeitspreis und dann zum 1. Oktober 2018 das Mischpreisverfahren eingeführt. Damit konnten bei der Ausschreibung und Bezuschlagung von Regelenergie erstmals sowohl der Leistungspreis als auch der Arbeitspreis berücksichtigt werden.
Hohe Arbeitspreise ohne physische Knappheit und damit extreme Ausgleichsenergiepreise wurden damit vermieden. Dennoch klagte ein Akteur gegen das Mischpreisverfahren bzw. dessen Ausgestaltung. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab der Klage in weiten Teilen recht und ordnete an, die Änderung zum Mischpreisverfahren wieder zurückzunehmen. Das alte Leistungspreiseverfahren wurde also wieder eingeführt – aber ohne die zuletzt gültige technische Preisgrenze für Regelarbeit.
Was seit dieser Wiedereinführung zu beobachten ist, wird niemanden überraschen: Es gibt wieder hohe Arbeitspreise und Ausgleichsenergiepreise von bis zu 2.000 Euro/MWh. Dadurch kann es bereits bei üblichen Regelenergieeinsätzen zu extremen Preisspitzen kommen und das Risiko für alle Bilanzkreisverantwortlichen steigt.
Aus unserer Sicht sind weitere Änderungen nötig. Eine Gruppe von Direktvermarktern hat sich mit einem Positionspapier an die Bundesnetzagentur gewandt. Sie fordert eine Kappung des Ausgleichsenergiepreises als kurzfristige Maßnahme, um wirtschaftliche Härten bei Bilanzkreisverantwortlichen zu vermeiden.
Gleichzeitig hat die Bundesnetzagentur das Konzept der Übertragungsnetzbetreiber zur Einführung eines Regelarbeitsmarkts genehmigt: Künftig wird es getrennte Märkte für Regelleistung und Regelarbeit geben. Regelarbeit kann dann von sämtlichen präqualifizierten Anbietern erbracht werden und zwar – im Gegensatz zum bisherigen Ausschreibungsdesign – unabhängig von der Teilnahme am Leistungsmarkt. Der Preis für die Regelarbeit wird erst kurz vor Erfüllung in einem Bietverfahren festgelegt. Als spätester Starttermin für den Regelarbeitsmarkt ist der 1. Juni 2020 vorgesehen. Parallel fordert die Bundesnetzagentur die Übertragungsnetzbetreiber auf, übergangweise eine technische Preisgrenze für Regelarbeit einzuführen, mit dem gleichen Ziel wie die von den Direktvermarktern geforderte Kappung des Ausgleichsenergiepreises.
Das sind alles Schritte in die richtige Richtung. Wie sich diese Maßnahmen allerdings auf die Kosten für Regelarbeit und Ausgleichsenergie auswirken, ist schwer abzuschätzen und hängt auch vom Bietverhalten der Anbieter ab. So sind auch unter einem technischen Preislimit Regelarbeitspreise von bis 9.999 Euro/MWh möglich und damit Ausgleichsenergiepreise von rund 5.000 Euro/MWh. Bei den geplanten Regelarbeitsmärkten können Arbeitspreise noch bis kurz vor Lieferung angepasst werden – das könnten Anbieter mit Marktmacht nutzen, um kurz vor Erfüllung höhere Regelarbeitspreise durchzusetzen.
Daher bleibt die Zukunft ungewiss und Bilanzkreisverantwortliche sehen sich weiterhin Risiken gegenüber, die derzeit nur schwer abzuschätzen sind. Umso wichtiger ist es für Anlagenbetreiber, auf ausreichende Risikotragfähigkeit der Direktvermarkter zu achten. Bei Vattenfall setzen wir uns dafür ein, dass die Erneuerbaren möglichst einfach am Netzausgleich und an den Regelenergiemärkten teilnehmen können. Auch für Anlagenbetreiber ist das von Vorteil, da sie zusätzliche Einnahmen erzielen und Kostenrisiken aus den Ausgleichsenergiepreisen und der Regulierung reduzieren können.
Sie haben Fragen zum Regelenergiemarkt? Sprechen uns gern an!