Solarpaket I und Novelle des Klimaschutzgesetzes –
Überblick über die wichtigsten Eckpunkte

Auf die Novelle des Klimaschutzgesetzes – und damit auch des Solarpakets I – mussten alle Akteure der Energiewirtschaft seit vergangenem Spätsommer warten. Vor allem der sogenannte Resilienzbonus für heimische Solarindustrie war zum Zankapfel geworden. Am 26. April 2024 war es endlich soweit – wir fassen die wichtigsten Änderungen zusammen.

Solarpaket I – Hintergrund und Ziel

Zur Umsetzung der Photovoltaik-Strategie [1] des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) wurde im Sommer letzten Jahres das Solarpaket I [2] geschnürt, welches einen beschleunigten Ausbau von Photovoltaik und den Abbau von bürokratischen Hürden zum Ziel hat. Nur wenige Regelungen daraus wurden im Dezember 2023 beschlossen, so dass sich die Verabschiedung des Gesetzes wegen einer Debatte über den Resilienzbonus (s.u.) für die heimische Solarindustrie verzögerte.

Damit das Ausbauziel von 215 GWp [3] im Jahr 2030 (82 GWp installierte Leistung Stand 12/2023) erreicht werden kann, einigten sich die Fraktionen der Ampelkoalitionen in ihrer Sitzung vom 15.04.2024 auf folgende Eckpunkte zum Solarpaket [4]:

 

Kein Resilienzbonus

  • Es gibt keinen Resilienzbonus als Unterstützung für die heimische Solarindustrie für die Zell- und Modulproduktion. Der Resilienzbonus sollte Endkunden angeboten werden, die sich für Photovoltaik-Komponenten aus Europa entscheiden. Stattdessen will sich das BMWK für alternative Fördermöglichkeiten für Photovoltaik-Hersteller auf EU-Ebene einsetzen.

Balkonkraftwerke

  • Es bedarf nur noch einer stark vereinfachten Anmeldung im Marktstammdatenregister (§ 8 Abs. 5a EEG-E).
  • Der Austausch des Stromzählers kann vom Netzbetreiber später vorgenommen werden, auch wenn der vorhandene alte noch rückwärts läuft (§ 10a Abs. 3 EEG-E).

Netzanschluss

  • Ausweitung des vereinfachten Netzanschlussverfahrens für Anlagen bis 30 kW statt bisher 10,8 kW.
  • Die ursprünglich vorgesehene Duldungspflicht beim Verlegen von Kabeltrassen im Boden von Nachbargrundstücken gilt nur für Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand und nicht für Privateigentümer (§ 11a EEG-E). 

Gebäudeversorgung mit PV-Strom für Mehrfamilienhäuser

  • Mit der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (§ 42b EnWG) durch Weitergabe des Solarstroms an private und gewerbliche Stromverbraucher innerhalb eines Gebäudes muss der Anlagenbetreiber keine Pflichten mehr als Energieversorger erfüllen. Der Zusatzstrom kann von den Verbrauchern von einem selbst ausgewählten Versorger bezogen werden. 

Höhere gesetzliche Vergütung

  • Die höhere gesetzliche Vergütung gilt für Anlagen zwischen 40 kW und 750 kW.

Direktvermarktung

  • Anlagen < 200 kW (z.B. mit Überschussstrom) werden bei keiner aktiven Zuordnung des Anlagenbetreibers der neuen Veräußerungsform der unentgeltlichen Abnahme zugeordnet (§ 21 c Abs.1 S.3 EEG-E).
  • Die gesetzlichen Vorgaben zu technischen Anforderungen nach § 10b Abs. 1 EEG-E greifen zukünftig erst bei Anlagen größer 25 kW.

Dachanlagen

  • Der Ausschreibungsschwellwert wurde für Dachanlagen von 1 MW auf zukünftig ab 750 kW abgesenkt.
  • Der Austausch bestehender Module (Repowering) wird vereinfacht.

Freiflächenanlagen

  • Die Ausschreibungsgrenze wurde von 20 MWp auf zukünftig 50 MWp angehoben. Damit können mehr Anlagen an Ausschreibungen mit Marktprämie teilnehmen.
  • Landwirtschaftliche Flächen in benachteiligten Gebieten sollen leichter genutzt werden, jedoch wird die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen auf 80 GWp bis 2030 beschränkt. Alle neu geförderten Solarparks müssen eine Auswahl an naturschutzfachlichen Mindestkriterien erfüllen.
  • Besondere Solaranlagen (Floating-, Agri-, Moor-, Parkplatz-PV) erhalten ein eigenes Ausschreibungssegment auch aufgrund höherer Kosten und eigenem Höchstwert.

Speicher

  • Der Betrieb ist erstmals als Grau- und Grünstromspeicher mit unterjähriger Wechselmöglichkeit mit EEG-Förderung für den erneuerbaren Zeitraum oder Anteil (§ 19 Abs. 3b EEG-E) möglich, jedoch unter Vorbehalt der Festlegungskompetenz der BNetzA mit Verordnungsermächtigung nach § 85d EEG-E für den Grünstrombetrieb.

 

Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) – Hintergrund und Ziel

Die Fraktionseinigung im Solarpaket setzte Zugeständnisse für die durchaus umstrittene Novelle des Klimaschutzgesetzes voraus. [5]

Wenn einzelne Sektoren wie der Verkehrs- oder Gebäudebereich die gesetzlichen Vorgaben zum CO2-Ausstoß verfehlen, galt bisher, dass die zuständigen Ministerien im nachfolgenden Jahr Sofortprogramme vorlegen müssen (§ 8 Abs.1 KSG). Vor diesem Hintergrund war die Debatte um Fahrverbote von Verkehrsminister Wissing zu verstehen, da u.a. der Verkehrssektor seine Minderungsziele mehrfach verfehlt hat.

 

Laut neuem Klimaschutzgesetz gilt künftig:

  • Die jährlichen Sektorziele sind abgeschafft.
  • Die Emissionen werden über alle Sektoren verrechnet.
  • Auch das Gegensteuern bei Verfehlungen erfolgt sektorübergreifend; es gibt kein Sofortprogramm der einzelnen Sektoren mehr.
  • Die Bundesregierung verpflichtet sich, konkrete Klimaschutzmaßnahmen auch für die Zeit von 2030 bis 2040 aufzustellen.

Demnach soll künftig eine zukunftsgewandte, mehrjährige und sektorübergreifende Gesamtrechnung ausschlaggebend für weitere Maßnahmen sein. Statt wie bislang vergangene Zielverfehlungen in den Blick zu nehmen, soll mit dem nun verstärkten Fokus auf zukünftige Emissionen besser als bisher überprüft werden können, ob Deutschland auf dem richtigen Weg ist – oder ob Maßnahmen nachgeschärft werden müssen.

Von Kritikern wird bezweifelt, ob die Ziele angesichts einer zu befürchtenden Abnahme an Transparenz und durch die Aufweichung der Verantwortlichkeiten zukünftig besser eingehalten werden können.

Das Solarpaket wurde am 26.04. vom Bundestag verabschiedet und am gleichen Tag in der Plenarsitzung des Bundesrats beschlossen.

 

Sie haben Fragen zum Solarpaket oder zum Klimaschutzgesetz? Melden Sie sich gern bei uns!

<a class="arrow">renewables@vattenfall.de</a>

 

[1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/photovoltaik-stategie-2023.html

[2] „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“, https://dserver.bundestag.de/btd/20/086/2008657.pdf

[3] § 4 Nr. 3d EEG 2023

[4] https://www.bundestag.de/resource/blob/999260/96eed847b449993dba78f63b2927a22b/Aenderungsantrag_Koalitionsfraktionen.pdf

[5] https://dserver.bundestag.de/btd/20/082/2008290.pdf