Das Stromnetz muss jederzeit stabil bei einer Netzfrequenz von 50 Hertz gehalten werden. Dass diese Stabilität trotz Schwankungen von Stromerzeugung und -verbrauch erhalten bleibt – dafür sorgen die Übertragungsnetzbetreiber. Wenn man bedenkt, wie vielen Schwankungen das Netz kontinuierlich ausgesetzt ist, scheint es wie eine Meisterleistung.
Bei der Stabilisierung des Stromnetzes können sich die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) auf die Expertise der Bilanzkreisverantwortlichen verlassen, die Ihre virtuellen Energiemengenkonten, die Bilanzkreise, bestmöglich ausgleichen. Zudem gleichen sie auch unvorhersehbare Abweichungen aus, indem sie in Sekundenschnelle Regelenergie abrufen.
Die ÜNB nutzen hierfür den sogenannten Regelenergiemarkt in Deutschland. Dieser stellt einen essenziell wichtigen Bestandteil des Stromnetzbetriebs dar. Über diesen Markt können die ÜNB die notwendigen Kapazitäten beschaffen, sodass genügend Energie bereitsteht, um Erzeugung und Verbrauch sehr kurzfristig anzupassen.
Primär-, Sekundär- und Tertiärregelleistung
In gerade einmal 30 Sekunden nach Anforderung muss die Primärregelleistung (PRL) –auf englisch Frequency Containment Reserve (FCR) – vollständig zur Verfügung stehen. Diese Leistung wird automatisch anhand der Netzfrequenz aktiviert. Ein Großteil der benötigen FCR wird in Deutschland schon jetzt durch Batterie-Energiespeichersysteme (BESS) symmetrisch bereitgestellt.
Anschließend wird das Netz durch die Sekundärregelleistung (SRL) – englisch automatic Frequency Restoration Reserve (aFRR) – stabilisiert. Diese Regelleistung muss nach 30 Sekunden reagieren und innerhalb von fünf Minuten vollständig aktiviert sein. Bei Stromeinspeisung spricht man von positiver Regelleistung, bei Stromentnahme von negativer Regelleistung. Die Sekundärregelleistung ist dabei asymmetrisch aufgebaut. Das heißt, dass entweder nur positive oder negative Regelleistung oder beide Richtungen gleichzeitig mit gleicher oder unterschiedlicher Gebotshöhe angeboten werden können.
Reicht die Bereitstellung von Sekundärregelleistung zur Stabilisierung des Netzes immer noch nicht aus, wird sie durch die Tertiärregelleistung, auch bezeichnet als Minutenreserveleistung (MRL) – abgelöst. Diese wird im Englischen manual Frequency Restoration Reserve (mFRR) genannt. Hierbei aktiviert der ÜNB die Leistung über das Merit-Order-Listen-Server (MOLS) -Kommunikationsverfahren und die Leistung muss vollständig innerhalb von 12,5 Minuten aktiviert sein. Auch diese Leistung ist asymmetrisch, sodass für die Anbieter die gleichen Gebotsabgaberegeln gelten wie für die Sekundärreserve.
Zeitliche Abfolge der Regelenergievermarktung
Handel am Regelarbeits- und Regelleistungsmarkt
Die Regelenergievermarktung hat sich über die vergangenen Jahre deutlich gewandelt. Vor allem wurden die handelbaren Produkte weiterentwickelt, insbesondere durch die Einführung des Regelarbeitsmarkts (RAM). Hier fand eine Trennung der Beschaffung von Regelleistung am Regelleistungsmarkt (RLM) und Regelarbeit am Regelarbeitsmarkt statt.
Am Regelleistungsmarkt finden kalendertägliche Ausschreibungen statt. Hier beschaffen die Übertragungsnetzbetreiber am Vortag (D-1) die Regelleistung in drei aufeinander folgenden Auktionen für die Primärregelleistung (FCR), die Sekundärregelleistung (aFRR) und die Tertiärregelung oder Minutenreserve (mFRR). Durch diese Ausschreibungen wird gesichert, dass genügend Leistung für die Regelarbeit bereitsteht.
Zusätzlich finden viertelstündliche Arbeitspreisausschreibungen statt, in denen die Arbeitspreise (Energiepreise) bis kurz vor Lieferung korrigiert werden können.
Spotlight: Welche Anlagen nutzt Vattenfall für die Bereitstellung von Regelenergie?
Der Bedarf an Sekundärreserve wird alle vier Sekunden („control cycle“) ermittelt und kontinuierlich abgerufen – Anbieter müssen die benötigte Leistung dann innerhalb von fünf Minuten erbringen. In Deutschland wird ein Großteil von Pumpspeicherkraftwerken erbracht, da diese für die schnelle Reaktion und die hohen Anforderungen besonders gut geeignet sind.
Als präqualifizierter Kraftwerksbetreiber stellt Vattenfall schon seit der Marktliberalisierung einen Teil seiner Kraftwerkskapazitäten zur Stabilisierung des Netzes zur Verfügung. In der Vergangenheit kamen hierbei auch konventionelle Anlagen zum Einsatz, heute sind vor allem sieben Pumpspeicherkraftwerke (PSW) aktiv an der Regelreserve beteiligt.
Die aggregierte Pumpspeicherleistung von Vattenfall in Deutschland mit knapp 2.700 Megawatt leistet dabei bereits heute einen wichtigen Beitrag für die Netzstabilität. Zusätzlich könnte sie durch ihre Schwarzstartfähigkeit – das selbständige Anfahren ohne Fremdspannung – auch bei einem großflächigen Netzausfall (Blackout) den Aufbau der Energieversorgung im deutschen Höchstspannungsnetz ermöglichen.
Fazit
Unsere Wasserkraftanlagen leisten einen zentralen Beitrag zur Netzsicherheit. Gleichzeitig arbeiten wir hart daran, weiteren Anlagen diese Möglichkeit zu eröffnen. Daher werden bereits kurz- bis mittelfristig weitere unserer Anlagen zur Regelenergiebereitstellung präqualifiziert. Hierfür stehen Großbatterien sowie Offshorewindparks (OPWs) zur Verfügung.
Sie haben Fragen zum Regelenergiemarkt? Melden Sie sich gern bei uns!
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