Immer mehr Strom wird in Erneuerbare-Energien-Anlagen produziert. Um diese möglichst effizient in den Markt zu integrieren, bedarf es regulatorischer Anpassungen und neuer Märkte oder Produkte. Die Rolle der Strombörsen ist hier von zentraler Bedeutung. Dies zeigte sich insbesondere im Sommer, als es bei der EPEX eine Panne gab. Wir blicken nach vorn – und zurück.
November 2024
Wenngleich sich die Energiewirtschaft seit dem vorzeitigen Aus der Ampelkoalition politisch und regulatorisch in einer Warteposition befindet, hat sich in den vergangenen Jahren im Bereich der erneuerbaren Energien viel getan: der schnelle Zubau von Windkraft und Photovoltaik, die starke Zunahme an Batteriespeichern, der Netzausbau, Redispatch 2.0, neue Prozesse in der Marktkommunikation – um nur einige zu nennen. Alles zielt auf die Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung des Strommarktes ab. Um den gestiegenen Anforderungen an Flexibilität und Nachhaltigkeit gerecht zu werden, gehen auch die Strombörsen voran.
Die EPEX Spot im Viertelstunden-Takt – 96 ist das neue 24
So führt die Strombörse EPEX Spot neue Produkte zur Flexibilitätssteigerung ein, darunter kürzere Handelsintervalle und erweiterte Handelszeiten.
Am Ende des 1. Quartals ändert die in Paris ansässige Börse das Abgaberaster für die Day-ahead-Auktion am Strommarkt von Stundengeboten zu Viertelstundengeboten. Die Umstellung auf den Viertelstunden-Handel ist eine Verpflichtung aus dem Clean Energy Package und gilt für alle nominierten Strommarktbetreiber (Nominated Electricity Market Operators, NEMO) die am Single Day-ahead Coupling beteiligt sind. Insgesamt werden also 96 statt 24 Produkte am Day-ahead-Markt gehandelt.
Da der Takt im deutschen Stromsystem die Viertelstunde ist, ist dieser Schritt wichtig. Insbesondere die immer besser werdenden, viertelstundenscharfen Prognosen für die erneuerbaren Energien können dann in der Day-ahead-Auktion gehandelt werden. Aktuell muss jeder Marktteilnehmer nach der Day-ahead-Auktion um 12 Uhr an einer weiteren Viertelstunden-Auktion um 15 Uhr (IDA1) teilnehmen, damit die Beschaffung und Vermarktung viertelstundenscharf erfolgen kann und er seiner Bilanzkreistreue gerecht wird. Künftig wäre die IDA1-Auktion nicht mehr notwendig und auch der viertelstundenscharfe Intradayhandel könnte entlastet werden. Im Hinblick darauf, dass auch die Abrechnung der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) viertelstundengenau erfolgt, vereinfacht die Umstellung der EPEX Spot auf einen Viertelstundenhandel die Beschaffung für viele Marktteilnehmer.
Auf der anderen Seite müssen die Marktteilnehmer in diesem sensiblen Bereich umfangreiche technische und vertragliche Umstellungen umsetzen. Noch ist ausreichend Zeit, die eigenen Systeme anzupassen und zu testen.
Decoupling an der EPEX Spot
Ausgerechnet in dieser ohnehin schon herausfordernden Situation gab es am 25. Juni an der EPEX Spot ein Ereignis, das selbst für erfahrene Marktteilnehmer ein Novum war: Aufgrund von technischen Problemen kam es zu einem Decoupling, einer Entkopplung einzelner Strommärkte. Diese Entkopplung führte zu extremen Preisunterschieden zwischen den verschiedenen Märkten: Für Deutschland lag der EPEX-Spot Preis bei 492,04 EUR/MWh und für Frankreich bei 2,96 EUR/MWh.
Der Grund für das Decoupling war eine kurze Unterbrechung der Stromversorgung im primären Rechenzentrum der EPEX Spot. Diese führte zu Instabilitäten in der Kommunikation zwischen dem Handelssystem und der zentralen Datenbank. Trotz der vorhandenen Backup-Systeme konnte das Problem nicht schnell genug behoben werden, was zu Verzögerungen bei der Übermittlung der Marktergebnisse und letztlich zu den extremen Preisschwankungen führte.
Die Auswirkungen dieses Ereignisses waren weitreichend und Marktteilnehmer mussten sich schnell an die neuen Bedingungen anpassen. Gleichzeitig verdeutlicht dieses Ereignis die Komplexität moderner Strommärkte und die Bedeutung des Verbundsystems und der Marktkopplung.
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