Keine Zukunftsmusik: KI im Energiehandel

Künstliche Intelligenz (KI; engl. artificial intelligence = AI) ist bereits in vielen Anwendungen des täglichen Lebens präsent. Und auch in der Industrie, der Finanzwirtschaft, der Logistik, im Gesundheitswesen und in der Energiewirtschaft hilft KI dabei, Daten auszuwerten, komplexe Themen zu strukturieren und Entscheidungen vorzubereiten. An Beispielen aus dem Energiehandel und der Direktvermarktung erläutern wir Einsatzbeispiele.

August 2025

Ob bei Sprachassistenten, Navigationssystemen, der Gesichtserkennung unseres Smartphones oder Empfehlungen bei Streaming-Diensten und Sozialen Netzwerken, immer arbeitet eine KI im Hintergrund und beschleunigt Prozesse oder liefert uns Informationen.

 

Was bedeutet eigentlich KI?

Derzeit gibt es keine allgemeingültige und von allen Akteuren einheitlich genutzte Definition von KI. Allgemein bezeichnet sie die Fähigkeit von Maschinen, menschenähnliche kognitive Funktionen auszuführen, d.h. etwas wahrzunehmen, zu lernen, zu erinnern und Probleme zu lösen, sowie sich selbst zu optimieren. KI-Systeme basieren auf Methoden aus der Mathematik und Informatik. Sie kommen zum Einsatz, wenn große Datenmengen analysiert, Muster erkannt und daraus Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Ergebnisse stehen oft schneller und präziser bereit als es der Mensch jemals ausarbeiten könnte.

Diese Schnelligkeit wird durch Hochleistungscomputer und Rechenzentren erreicht, die inzwischen einen enormen Strombedarf haben. Laut einer Studie der Internationalen Energiebehörde IEA betrug der weltweite Stromverbrauch von Rechenzentren im Jahr 2024 rund 415 TWh, das entspricht etwas 1,5 Prozent des globalen Stromverbrauchs. Dieser Bedarf wird sich laut IEA bis zum Jahr 2030 auf 945 TWh mehr als verdoppeln. Zum Vergleich: Die gesamte Nettostromerzeugung in Deutschland betrug im Jahr 2024 ca. 470 TWh.

 

Der AI Act der EU

Am 21. Mai 2024 hat der Rat der 27 EU-Mitgliedsstaaten mit dem Artificial Intelligence Act (AI Act) einen einheitlichen Rahmen für den Einsatz von KI in der Europäische Union verabschiedet. Dieser ist seit dem Inkrafttreten am 01. August 2024 das weltweit erste Regelwerk dieser Art.

Der AI Act schreibt unter anderem vor, dass KI-Anwendungen zum Beispiel nicht eingesetzt werden dürfen, um das Verhalten von Personen gezielt zu beeinflussen und sie zu manipulieren („Social Scoring“) oder den öffentlichen Raum biometrisch in Echtzeit zu überwachen. Des Weiteren gibt es Transparenz- und Kennzeichnungspflichten für künstlich erzeugte oder bearbeitete Inhalte und spezielle Vorgaben für hochriskante KI-Systeme in den Bereichen der kritischen Infrastruktur und im Gesundheits- und Bankenwesen, wenn diese für den EU-Markt zugelassen werden sollen. Der Vattenfall Geschäftskunden-Vertrieb hat in diesem Zusammenhang den interessanten Artikel KI-Kompetenzen als Erfolgsfaktor für KMU veröffentlicht.

 

Wie nutzt Vattenfall KI?

KI wird im Vattenfall-Konzern vielfältig genutzt: Im Pumpspeicherwerk Goldisthal verwenden wir eine KI zur Analyse von Drohnenbildern, um Risse in Staumauern zu erkennen. Im schwedischen Wasserkraftwerk Juktan wurde eine komplett digitale 3D-Version der Anlage erstellt, die bei einem geplanten Umbau die Planung wesentlich vereinfachen wird. Und in Aberdeen analysiert KI das Flugverhalten von Vögeln rund um unsere dortigen Offshore-Windparks.

 

So hilft KI im Energiehandel

Auch die im Energiehandel genutzten Algorithmen – auch bekannt als Algo-Trading – werden mit Hilfe von KI noch leistungsfähiger. Während klassische Algo-Trader feste, regelbasierte „Wenn A, dann B“-Strategien nutzen und nicht von sich aus anpassungsfähig sind, sind KI-basierte Handelsstrategien selbstlernend, erkennen Muster und passen sich an. Die Nutzung des Machine Learning zur Mustererkennung, der neuronalen Netze für Prognosen und des Natural Language Processing (NLP) zur Auswertung von öffentlich verfügbaren Nachrichten klingen nach Zukunftsmusik, werden aber erfolgreich im Energiehandel agieren. Dabei müssen alle derartigen Systeme natürlich intensiv getestet und überwacht werden – so minimieren wir potenzielle Risiken und stellen sicher, dass wir die jeweils anwendbaren regulatorische Anforderungen (z.B. REMIT, MiFID, MAR) erfüllen.

 

KI in der Direktvermarktung – vor allem für Wetterprognosen

In der Direktvermarktung von Solar- und Windenergieanlagen wird der erzeugte Strom basierend auf Wetterprognosen entweder Day-Ahead für den Folgetag oder Intraday am selben Tag verkauft. Für eine erfolgreiche Vermarktung führen wir permanent Wetterprognosen, Strommodelle und viele weitere Informationen zusammen – zunehmend auch mithilfe Künstlicher Intelligenz. Unser Ziel ist es, die Kosten für sogenannte Ausgleichsenergie so gering wie möglich zu halten. Diese Kosten fallen an, wenn Erzeugungsanlagen in der Realität, abhängig vom Wetter, mehr oder weniger Strom erzeugen als zuvor prognostiziert und gehandelt. Um das Stromnetz stabil zu halten, müssen die Netzbetreiber Reservekraftwerke aktivieren. Die dadurch entstehenden Kosten werden auf diejenigen Marktteilnehmer umgelegt, die Abweichungen zwischen der prognostizierten und tatsächlich erzeugten Strommenge haben.

Für eine hohe Prognosegüte werden verschiedene Wetter- und Strommodelle zu einem optimalen Mix kombiniert. Die zunehmende Abhängigkeit vom Wetter bedeutet, dass der Bedarf an Daten immer weiter steigt. Automatisierung spielt dabei eine zentrale Rolle, denn Menschen können derartig große Datenmengen kaum mehr manuell auswerten. Deswegen automatisieren wir auch das Prognosesystem von Vattenfall stark und entwickeln es fortwährend weiter.

 

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