Der Industriestrompreis kommt.
Grundsätze des Entwurfs und Möglichkeiten für Vattenfall-Kunden

Lange wurde über das Für und Wider diskutiert, nun steht er in den Startlöchern: der Industriestrompreis. Der Gesetzgeber ist konkret geworden, hat sich eng an die Vorgaben des EU-Beihilferechts gehalten und wartet nun auf die Freigabe aus Brüssel. Wir erklären die Grundsätze und erläutern, was sie für Kunden im Energiehandel bedeuten.

Dezember 2025

Grundsätze des Industriestrompreises

Ab 2026 soll der Industriestrompreis bei 5 Cent/Kilowattstunde liegen und für 50 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs gewährt werden. Entsprechend dem europäischen Clean Industrial Deal State Aid Framework (CISAF), den Beihilferichtlinien der EU, ist die Zahlung des Industriestrompreises auf drei Jahre beschränkt. Das Ziel der Kompensation ist es, Unternehmen zu unterstützen, die nachweislich stromintensiv sind, im internationalen Wettbewerb stehen und sich deshalb veranlasst sehen können, in Drittstaaten abzuwandern. Daher gilt die Berechtigung für Unternehmen, die den Wirtschaftssektoren der KUEBLL-Liste (Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfeleitlinien, Teilliste 1 des Anhangs I) zuzurechnen sind. Insgesamt zählen dazu etwa 91 Wirtschaftssektoren, darunter große Teile der Chemiebranche sowie die Keramik-, Gummi- und Metallindustrie. Zudem sollen voraussichtlich weitere Sektoren begünstigt werden, wenn die Beihilfefähigkeitskriterien nach CISAF (Rn. 116, 117) erfüllt werden.

 

Auszahlungszeitraum

Während der Industriestrompreis für 2026 beantragt werden kann, wurden die dafür benötigten Gelder erst für den Bundeshaushalt 2027 eingestellt – daher kommt es zu einer rückwirkenden Auszahlung: 2027 wird für 2026 ausgezahlt und so fort. Insgesamt sind für den Industriestrompreis 3,1 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt vorgesehen. Diese verteilen sich wie folgt: 1,5 Mrd. für das Jahr 2027, 0,8 Mrd. für 2028 und 0,8 Mrd. für 2029.

 

Berechnung des Referenzpreises

Der Referenzpreis soll auf Terminmarktkontrakte der deutsch-luxemburgischen Gebotszone basieren, dafür wird der Jahresmittelwert des vergangenen Jahres (1 Jahr) vor dem Abrechnungsjahr mit Lieferung im Abrechnungsjahr herangezogen. Damit hat das Bundesministerium auf Bedenken vor allem der Energiehandelsunternehmen reagiert, die ein Austrocknen des Terminmarktes befürchteten.

 

Gegenleistungen seitens der Empfängerunternehmen

Unternehmen müssen für den Industriestrompreis Gegenleistungen erbringen. So müssen sie mindestens die Hälfte des empfangenen Betrags in neue oder moderne Anlagen investieren. Diese müssen einen Beitrag zur Senkung der Stromsystemkosten leisten, ohne den Verbrauch fossiler Brennstoffe in die Höhe zu treiben. Zu solchen Gegenleistungen gehören:

  • Die Entwicklung erneuerbarer Erzeugungskapazitäten,
  • Energiespeicher,
  • Verbesserungen der Energieeffizienz,
  • die Entwicklung von Elektrolyseuren für die Erzeugung von erneuerbarem oder kohlenstoffarmen Wassersoff,
  • auf Elektrifizierung ausgerichtete Investitionen.

 

Die Rolle von PPAs und Flexibilität

Die Bundesregierung hat ebenfalls die Kosten für neu abgeschlossene Power Purchase Agreements (cPPA) berücksichtigt. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien zunehmend marktbasierend passieren muss. Allerdings können Investitionen in Erneuerbare-Energien-Projekte nur dann ohne Subventionen getätigt werden, wenn es eine gewisse langfristige Risikoabsicherung durch PPAs gibt. Der Industriestrompreis gewährleistet damit eine kurzfristige Lösung zu Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und sichert gleichzeitig die langfristige Stromabsicherung mittels cPPAs.

Auch das Stichwort Flexibilität wird im Papier des Bundeswirtschaftsministeriums hervorgehoben: So soll es zusätzliche 10 Prozent Förderung geben, wenn Unternehmen ihre Nachfrageflexibilität steigern („Flexibilitäts-Bonus“). Hier müssen mindestens 75 Prozent des gewährten Flexibilitäts-Bonus in Gegenleistungen investiert werden.

Vattenfall setzt weiterhin auf intensive Industriepartnerschaften, die neben der reinen Strombelieferung auch die gemeinschaftliche Umsetzung von neuen Konzepten zwischen Stromabnehmern und -lieferanten fokussieren. Neben der Stromabsicherung mittels cPPAs spielt auch die Einbindung beidseitiger Flexibilitätskonzepte eine entscheidende Rolle.

 

Fazit

Der Industriestrompreis ist eine Botschaft an stromintensive Industrieunternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Er stellt jedoch nur eine Brücke dar und entbindet nicht von der Pflicht, die eigene Stromversorgung nachhaltig aufzustellen und Mengen- und Preisrisiken abzusichern. Dafür eignen sich zum Beispiel PPAs. Gleichzeitig ist jede Subvention von Strompreisen ein Eingriff in den Markt, der möglicherweise ungewollte Nebeneffekte wie die Trübung von Investitionsbereitschaft haben kann. Zusätzlich wird das Thema Kosten diskutiert, belastet der Industriestrompreis doch den Transformationsfonds um insgesamt rund 3,1 Mrd. Euro.[1] Es bleibt abzuwarten, ob sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch Änderungen ergeben und wie sich die Zahlung des Industriestrompreises tatsächlich auf die Industrie, den Energiehandel und den Ausbau der erneuerbaren Energien auswirkt.
 

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[1] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energie-unternehmen-kritisieren-die-neuen-industriestrompreise/100176155.html