5 Fragen zu... Ausgleichsenergiepreisen

Unsere Rubrik „5 Fragen...“ beleuchtet in jeder Ausgabe unseres Newsletters ein bestimmtes Thema aus Sicht unserer Kollegen. Dieses Mal lassen wir uns erklären, was Ausgleichsenergiepreise sind und wie sie sich entwickeln.

Juni 2022
1.  Was ist Ausgleichsenergie?

Da Strom nach wie vor vergleichsweise schlecht speicherbar ist, müssen Erzeugung und Verbrauch im Stromnetz zu jedem Zeitpunkt gleich sein. Die Stabilität des Stromnetzes wird dabei an der Netzfrequenz gemessen, die einen Sollwert von 50,0 Hertz (Hz) haben sollte. Die vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland nehmen dabei eine zentrale Rolle als Systemverantwortliche und Koordinatoren wahr, wenn dieser Sollwert über- oder unterschritten wird. Sie sammeln und verarbeiten die Prognosen der erzeugenden Kraftwerke sowie der liefernden Stromvertriebe und organisieren die Beschaffung von Regelenergie, also die Lieferung von kurzfristig abrufbarem Strom aus flexiblen Kraftwerken. 

Sollte die reale Erzeugung oder der reale Verbrauch von den Prognosen stark abweichen, sorgt die kurzfristig gelieferte Regelenergie dafür, dass der 50,0-Hertz-Sollwert eingehalten wird. Die Kosten und Erlöse der eingesetzten Regelenergie werden sowohl mit den erzeugenden Kraftwerken als auch mit den liefernden Stromvertrieben in Form von Ausgleichsenergie abgerechnet. Die Abrechnung der Ausgleichsenergie erfolgt für jede Viertelstunde zwischen dem jeweiligen Übertragungsnetzbetreiber und dem Bilanzkreisverantwortlichen, in dessen Bilanzkreis die Erzeugung oder der Verbrauch bilanziert wird.

 

2.  Wie haben sich die Ausgleichsenergiepreise entwickelt?

Die Ausgleichsenergiepreise – auch reBAP (regelzonenübergreifender einheitlicher Bilanzausgleichsenergiepreis) genannt – werden regelmäßig von den Übertragungsnetzbetreibern veröffentlicht (z.B. <a class="arrow">reBAP | TransnetBW GmbH)</a>. Während in den Jahren 2019 und 2020 der durchschnittliche Ausgleichsenergiepreis etwa 35 Euro/MWh betrug, erhöhte sich der Durchschnittswert im Jahr 2021 auf rund 100 Euro/MWh und liegt in den ersten vier Monaten dieses Jahres bei etwa 158 Euro/MWh. Auch die Schwankungsbreiten zwischen den einzelnen Viertelstunden (wohlgemerkt im Jahresdurchschnitt) werden immer größer und erreichen teilweise mehr als 100 Euro/MWh.

 

3. Warum steigen die Ausgleichsenergiepreise?

Die Übertragungsnetzbetreiber ergreifen konkrete Maßnahmen, um das Stromsystem stabil zu halten. In Situationen, in denen die vorgehaltene Regelleistung ausgeschöpft ist, ergreifen sie zusätzliche Maßnahmen zur Ausregelung des Netzes, zum Beispiel den Handel am Intraday-Markt der Strombörse. Damit werden die Ausgleichsenergiepreise auch von den Preisen am Intraday- und am Day-ahead-Markt beeinflusst, die seit Mitte des letzten Jahres sehr stark gestiegen sind.    

 

4. Merken Stromkunden die höheren Ausgleichsenergiepreise?

Wenn ein Stromkunde selbst einen Bilanzkreis bewirtschaftet und verantwortlich für die Ausgleichsenergie ist, hat er die Entwicklung der Ausgleichsenergiepreise längst wahrgenommen. Denn die Kosten haben sich bei gleicher Prognosegüte im Vergleich zu den Jahren 2019 und 2020 innerhalb weniger Monate mehr als vervierfacht. Die meisten Stromkunden werden jedoch von einem Lieferanten versorgt, der diese Bilanzkreisverantwortung und damit das Risiko steigender Ausgleichsenergiepreise trägt. Letztendlich sind die Ausgleichsenergiepreise ein Kostenbestandteil in der Kalkulation des Lieferanten – und diese wird aufgrund der Preisentwicklung adjustiert werden müssen. Somit werden die Stromkunden die höheren Ausgleichsenergiepreise eher indirekt und zeitverzögert über den kalkulierten Produktpreis bemerken.

 

5. Wie werden sich Ausgleichsenergiepreise in der Zukunft entwickeln?

Die Berechnung der Ausgleichsenergiepreise bzw. des reBAP unterliegt europäischen Vorgaben, die sich in den nächsten Wochen grundlegend ändern werden. Im Zuge der Etablierung des europäischen Zielmarktdesigns wird die Regelenergie ab Ende Juni 2022 über europäische Plattformen beschafft, die klangvolle Namen wie PICASSO (für aFRR = Frequency Restoration Reserves with automatic activation = Sekundärregelleistung) und MARI (für mFRR = Frequency Restoration Reserves with manual activation = Minutenreserve) haben. 

Wie sich diese Berechnungsmethoden und Verfahren auf die Ausgleichsenergiepreise auswirken, können wir nicht abschließend beurteilen. Im Beschluss der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur vom 28.04.2022 (Az. BK6-21-192) in dem Verwaltungsverfahren zur „Genehmigung des Vorschlags der regelzonenverantwortlichen deutschen Übertragungsnetzbetreiber für eine Änderung des Ausgleichsenergiepreissystems“ wird ausgeführt: „Die Beschlusskammer kann die Besorgnis vor extrem hohen Regelarbeitspreisen und daraus resultierenden hohen reBAP bei Beitritt ... zu den europäischen Plattformen PICASSO und MARI nachvollziehen. Allerdings haben die europäischen Übertragungsnetzbetreiber… einen Antrag … auf Etablierung einer Preisobergrenze für Regelarbeit vorgelegt. … Inwieweit ggf. weitere Maßnahmen erforderlich sein werden, wird zum gegebenen Zeitpunkt mit den europäischen Partnern zu diskutieren sein.“

 

Sie haben Fragen zu Ausgleichsenergiepreisen? Sprechen Sie uns gern an!

<a class="arrow">renewables@vattenfall.de</a>

 


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